Gutachten-Organigramm eines Projektablaufes bei Schimmelpilzbefall

Baufehler oder Mieterverhalten? Dies ist meistens die Streitfrage beim Auftreten von Schimmelpilzbefall an den Wänden und dies oft erst nach aufwendigen Sanierungen.
Um diese Fragestellung beantworten zu können, sind neben anderen Untersuchungen die Messung von Raumlufttemperaturen, Oberflächentemperaturen und Raumluftfeuchten notwendig und dies über einen längeren Zeitraum.
Mit Hilfe geeichter Aufzeichnungsgeräte und einer Auswertung über den PC werden über einen Zeitraum von 14 Tagen diese Werte aufgezeigt und so u. a. der Anfall von Kondenswasser und das Lüftungsverhalten kontrolliert.
Diese spätestens seit der Durchsetzung der letzten Wärmeschutzverordnungen vermehrt in unseren Wohnungen auftretenden Organismen sind immer häufiger Streitpunkt zwischen Mieter und Vermieter, vor allem wenn es um die Klärung der Ursachen geht.
Um diese sich auf dem Vormarsch befindlichen kleinen, z.T. sehr farbenprächtigen und doch so unbeliebten Mitbewohner zu verstehen, zu erkennen, zu beseitigen und ihnen vorzubeugen seien die nachfolgenden Schwerpunkte genannt und erklärt.

Biologie
Die Schimmelpilze erfreuen sich einer ungeheuren Artenvielfalt (geschätzt ca. 200000).
Eine Ursache ist ihre erstaunliche Anpassungsfähigkeit, die es ihnen z.B. ermöglicht, auch im Dunklen oder bei zeitweiser Trockenheit zu wachsen.
Die Unterscheidung der bis zu 100 Arten in Wohnungen gefunden werden ist insofern interessant, da sie für die gesundheitliche Gefährdung des Menschen unterschiedliche Bedeutung haben.
Dabei ist bei Raumluftmessungen zur Bestimmung der Keimzahl, der MVOC`s (mikrobiologisch erzeugte organische Verbindungen) oder der lebenden Biomasse immer die Außenluft als Referenzwert mit zu messen, um Gefahren bewerten zu können.
Dagegen spielt dies die Ursachenerforschung und die Sanierung eine geringere Rolle.
Lebenszyklus
Dieser läuft im Kurzen wie folgt ab: der Samen (Spore, Konidie) keimt auf einem Nährboden zu einer Hyphe und weiter zu einem Myzel aus, aus denen die Fruchtkörper wachsen und daraus wieder die Samen auf Wanderschaft gehen.
Während Sporen und Myzele oft nur mikroskopisch zu erkennen sind, sind es die Fruchtkörper, die rasenförmig ausgebreitet als „Schimmel“ mit bloßem Auge erkannt wird.
Diese Farben sind von der Art abhängig und bleiben selbst bei Abtrocknung des Pilzes meistens erhalten, sind also kein Indiz für einen lebenden bzw. schon abgestorbenen Befall.
Vorraussetzungen für ein Schimmelwachstum sind:
- ein geeignetes Nährsubstrat ( vielfältiger Natur wie Tapeten/-kleister, Farben, Textilien, Holz, Kunststoffe, Putze, Hausstaub u.v.a.)
- Temperatur, Licht, Atmosphäre, dabei zeigen die Pilze eine erstaunlich Bandbreite und geringe Abhängigkeit
· Feuchtigkeit in ausreichendem Maße, zumindestens bei Wachstumsbeginn als sog. „Startfeuchte“
Das heißt, die für fachliche und rechtliche Beurteilung eines Schimmelpilzbefalls ist vorrangig die Ursache der Feuchtigkeit zu untersuchen.
Auswirkung/Gefährdung für den Menschen
Es ist erwiesen, das bestimmte Schimmelpilzarten erhebliche gesundheitliche Beschwerden beim Menschen auslösen können.
Hier sind ältere Menschen, Kleinkinder, Menschen mit geschwächten Immunsystemen, Allergiker und Asthmatiker besonders betroffen.
Folgen können insbesondere Erkrankungen der Atmungsorgane, der Haut, der Augen u.a. sein.
Ungeachtet dessen gilt es immer, einen Schimmelpilzbefall in Wohnungen schnellstens (nach der Beweissicherung) zu analysieren, um ihn und die Ursachen zu beseitigen.
Dabei sind es z.T. nicht nur die Pilze selber, die akute und chronische Erkrankungen auslösen, sondern auch deren Stoffwechselprodukte, den sog. Mykotoxinen.
Auswirkungen für das Bauwerk
Schimmelpilze sind nicht dazu geeignet, Baumaterialien bzw. ein Gebäude zu zerstören.
Vielmehr sind sie ein Indikator für eine übermäßige Feuchte im Bau/Bauteil, die wiederum zerstörerisch wirken kann.
Der eigentliche Schaden des Schimmels liegt in der „Zerstörung“ der Optik eines Bauteils, z.B. Verfärbungen auf Sichthölzern und diese sind ohne eine Beschädigung des Holzes selten zu beseitigen, so dass in vielen Fällen nur eine Auswechslung Abhilfe bringt.
Wenn auch nach neuesten Erkenntnissen die Holzstruktur teilweise abgebaut wird, ist die Verfärbung der eigentliche Schaden, den der Schimmel anrichtet.
Darüber hinaus besteht die große Gefahr, dass - wenn nicht fachgerecht saniert wird - sich nach dem Schimmel im Verlaufe einer anhaltenden Feuchtigkeit oder unkontrollierten Austrocknung des Bauteiles andere Pilze (z.B. der Echte Hausschwamm) ansiedeln können und ihre zerstörerischen Kräfte entfalten.
Feuchtigkeit als Hauptursache
Feuchtigkeit als maßgebliche Voraussetzung für den Schimmel kann verschiedene Ursachen haben, zu deren Untersuchung immer ein Bausachverständiger hinzugezogen werden sollte, da diese oft komplex sind.
Zu den durch Baumängel verschuldeten Ursachen können gehören:
· defekte oder nicht vorhandene Mauerwerkssperren gegen seitlich eindringende oder aufsteigende Feuchtigkeit
· defekte Regenwasser-/Abwasser-/Trinkwasser-/Heizungsleitungen
· Neubaufeuchte
· Tau- oder Kondenswasser bei unzureichender Wärmedämmung
Diese zuletzt genannte Ursache ist immer Streitgegenstand in der Frage: Baumangel oder Mieterverhalten, da diese nicht nur bei unzureichender Wärmedämmung auftritt sondern auch und in zunehmenden Maße durch ein falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten.
Zur eindeutigen Feststellung sind bestimmte Meßmethoden und bauphysikalische Kenntnisse notwendig , über die der Bausachverständigen verfügt.
Tau- oder Kondenswasser
Diese Feuchtigkeit ist sowohl in Neubauten als auch in sanierten Altbauten zunehmend Hauptursache für Feuchtigkeit und Schimmelpilzwachstum
Die Problematik umfassend zu erläutern würde den Rahmen dieser Information sprengen, deshalb nur kurz die wichtigsten Zusammenhänge:
· Luft enthält ein bestimmtes Maß an Feuchtigkeit, dabei kann wärmere Luft mehr Feuchte speichern als kältere
· trifft diese Luft auf einen Gegenstand mit einer geringeren Oberflächentemperatur als die Luft selbst (die Außenwand, die Fensterscheibe, die Fensterleibung ) so kann ein Teil der enthaltenen Feuchtigkeit dort ausfallen (kondensieren), deren Menge ist abhängig von verschiedenen Faktoren
· die Oberflächentemperatur des Bauteiles, bei der das in der Luft enthaltenen Wasser ausfällt, nennt man Taupunkttemperatur
· wenn nun im gleichen Zeitraum mehr Feuchte ausfällt als wieder verdunsten kann, kommt es zur permanenten Durchfeuchtung des Bauteiles und damit unweigerlich zur Schimmelbildung
Es kommt nun darauf an, zu ergründen ob dieses „mehr“ an Wasser ausfällt, weil die Bauteiloberfläche wegen einer schlechten/defekten Wärmedämmung zu kalt ist [Stichwort „Wärmebrücke“] oder ob dies auf Grund der Nutzung der Räume und eines falschen ( nicht zu wenigen! ) Heizungs- und Lüftungsverhalten der Nutzer geschieht.
Bekämpfung/Sanierung/Beseitigung des Schimmels
Dies ist vorrangig zu sehen und untrennbar verbunden mit der Beseitigung der Feuchtigkeit und deren Ursachen.
Alle angebotenen und eingesetzten chemischen Mittel zu Schimmelpilzbekämpfung sind über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt und nur als begleitende Sanierungsmaßnahme für eine Abtötung des Befalls einzusetzen (mit Ausnahme z.B. der Behandlung von Hohlräumen).
Mit den Maßnahmen gegen die Feuchtigkeit und Schimmelpilzbekämpfung mit chemischen Mitteln sollten Fachbetriebe beauftragt werden, um neue Schäden für Mensch und Gebäude zu verhindern.